Tina Iwen, M.A.
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Doktorandin bei Prof. Dr. Birthe Kundrus
Deutsche Geschichte
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- n. V.
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Schwerpunkte
- Deutsch-jüdische Geschichte im 20. Jahrhundert
- Zeitforschung
- Selbstzeugnisse
Biographische Notiz
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Seit 2024 Doktorandin am Fachbereich Geschichte bei Prof. Dr. Birthe Kundrus
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2020-2023 Master of Arts Geschichte an der Universität Hamburg; Masterarbeit: „Alles ist im Fluß, alle Ereignisse überstürzen sich.“ Zeiterleben in den Tagebüchern von Kurt F. Rosenberg und Willy Cohn 1933
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2016-2020 Bachelor of Arts Geschichte, Nebenfächer Anglistik und Amerikanistik an der Universität Hamburg; Bachelorarbeit: Die Bernheim-Petition von 1933 als Instrument des Minderheitenschutzes in der Zwischenkriegszeit. Ein Beispiel für jüdische Vielstimmigkeit
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2005-2023 Übersetzerin und Personal Assistant in verschiedenen Unternehmen
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2002-2003 Auslandssemester an der Universidad de Alicante (Spanien)
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2000-2005 Diplom Fachübersetzen mit den Sprachen Englisch und Spanisch, Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)
Dissertationsprojekt
„Was habe ich mit dem Ghetto zu schaffen?“ Die temporale Dimension in Zeitzeugnissen jüdischer Intellektueller zwischen Weimarer Demokratie und nationalsozialistischer Diktatur, 1919 bis 1934
Im Zuge des „temporal turn“ ist der Faktor „Zeit“ mittlerweile als Forschungsgegenstand deutsch-jüdischer Geschichte im 20. Jahrhundert entdeckt worden. Die Zeit wird nicht mehr nur als gegebenes Neutrum hingenommen, in dessen „Leere“ sich historischer Wandel vollzieht. Vielmehr gilt sie als soziokulturell geformte und modifizierte Grunddimension menschlicher Existenz, die auf ihren Status, ihre Funktion und ihre Bedeutung hin zu überprüfen ist.
Das geschichtswissenschaftliche Dissertationsvorhaben führt diese Forschungslinie fort. Es widmet sich einem Konvolut unterschiedlicher Selbst- und Zeitzeugnisse jüdischer Intellektueller, die unter dem Einfluss biografischer Faktoren und tiefgreifender gesellschaftlicher sowie politischer Veränderungen zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus individuelle und innovative Zeitlichkeiten entfalteten, so die Grundannahme. Die von der historischen Forschung entweder noch unbearbeiteten oder kaum berücksichtigten Selbst- und Zeitzeugnisse der Philosophin und Schriftstellerin Margarete Susman, der Gerichtsreporterin und Schriftstellerin Gabriele Tergit sowie des habilitierten Romanisten Victor Klemperer und des Historikers und Studienrats Willy Cohn eröffnen unterschiedliche, bildungsbürgerlich geprägte Perspektiven auf die „Zeit im Wandel“ in den Übergängen von der Monarchie zur Republik und der Demokratie zur Diktatur.
Von dem besonderen gesellschaftlichen Standpunkt jüdischer Intellektueller aus betrachtet, die in der Weimarer Phase einerseits integrierender Bestandteil der deutschen Gesellschaft, andererseits aber in die Außenseiterposition gedrängt waren, kristallisieren sich im Kontext ihrer Biografien und Werke vielfältige, zum Teil polare Haltungen und Reflektionen heraus, die untrennbar verflochten erscheinen mit der „Konstitution temporaler Modalitäten“, d. h. mit der Komposition von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und der „Selektion dessen, was in ihnen relevant wird“ (Niklas Luhmann). Die Aufschlüsselung der temporalen Dimension der in privaten Tagebüchern und Korrespondenzen einerseits, in öffentlichen Essays andererseits niedergelegten Erfahrungen und Reflektionen jüdischer Intellektueller trägt dazu bei, dem intentionalen Konstruktionscharakter „historischer Zeiten“ in der Nähe zum erlebten Moment auf die Spur zu kommen und ihre Bedeutung für eine „integrierte“ deutsch-jüdische Geschichte im 20. Jahrhundert zu erfassen.