Neue Forschungsgruppe zur Geschichte der Gewalt bewilligt.Die Stadt Hamburg fördert mit 1,18 Millionen Euro den Kooperativen Forschungsverbund: Gewalt-Zeiten. Temporalitäten von Gewaltunternehmungen
28. Januar 2020

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Blitzkrieg, Winterruhe, Langeweile im Schützengraben: Wie prägte Zeit Kriege und andere kollektive Gewaltunternehmungen von der Antike bis in die Gegenwart? In fünf Teilprojekten untersuchen Historikerinnen und Historiker diese bislang kaum reflektierte temporale Dimension von Gewalt. Beteiligt sind der Fachbereich Geschichte der Fakultät für Geisteswissenschaften der UHH, die Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr und das Institut für die Geschichte der deutschen Juden.
Zeitlichkeit als eine der Grundkonstanten menschlicher Existenz übte und übt einen entscheidenden Einfluss auf Planung, Gestalt, Ausübung, Erfahrung, aber auch Deutung von Gewaltphänomenen aus. Anhand von unterschiedlichen Gewaltkonstellationen will die Forschungsgruppe diese temporale Modellierung untersuchen. Belagerungen im Falle von Leningrad 1941 bis 1944 oder Rhodos 305–304 v. Chr. zeichneten sich nicht nur, aber auch durch zermürbendes Warten für Angreifer wie Verteidiger aus. In antisemitischen Pogromen nutzten Täter häufig Feiertage wie jüngst in Halle für ihre Anschläge. Das Morgengrauen bevorzugten nordamerikanische Huronen um 1650 für Überfälle auf Siedler. Ballungszeiten, also Phasen verdichteter und eruptiver Gewalt, spielten über Jahrhunderte bei Eroberungen von Städten, zu See und zu Land, eine entscheidende Rolle, z. B. nach dem Durchbruch von Befestigungen und dem Einfluten der Truppen in das Innere. In all diesen Gewaltunternehmungen haben die historische Akteure, Täter wie Opfer, Zeit geplant, sie be- oder entschleunigt, in spezifischen Zeithorizonten gedacht und agiert. Die Geschichtswissenschaft wiederum nahm Erfahrungen von Gewalt als Indikator für Geschichtsbrüche, für neue Zeitalter, wie den Ersten Weltkrieg als Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Bedeutung von Zeitlichkeiten für Gewaltereignisse zu eruieren und damit zugleich Epocheneinteilungen zu hinterfragen, ist Ziel der Forschungsgruppe.
Beteiligt sind: Prof. Dr. Burkhard Meißner, HSU Universität der Bundeswehr Hamburg, Prof. Dr. Miriam Rürup, Institut für die Geschichte der deutschen Juden; sowie vom FB Geschichte der UHH: Prof. Dr. Christoph Dartmann; Prof. Dr. Philippe Depreux; Prof. Dr. Markus Friedrich, Prof. Dr. Birthe Kundrus; Prof. Dr. Werner Rieß; Prof. Dr. Monica Rüthers
Kontakt und Sprecherin: Prof. Dr. Birthe Kundrus; birthe.kundrus@uni-hamburg.de
Weitere Informationen:
https://www.uni-hamburg.de/newsroom/forschung/2020/0128-forschungsfoerderungen.html
https://www.hamburg.de/bwfg/13538848/landesforschungsfoerderung-2020/