Teilprojekte
FÜNF BAUSTEINE EINER ZEIT-GESCHICHTE DER KOLLEKTIVEN GEWALT
In jedem unserer fünf Teilprojekte steht eine Form einer Gewaltunternehmung im Fokus, die sich durch eine spezifische Temporalität auszeichnet – durch charakteristische Verläufe, Rhythmen und Geschwindigkeiten. Diese verschiedenen Typen der Gewaltorganisation bieten ein breites Spektrum an Beispielen, um die ganz verschiedenen Wechselbeziehungen von Zeitlichkeit und Gewaltausübung zu diskutieren. Die thematische Auswahl verdeutlicht so das Potenzial unseres Rahmenthemas über regionale und epochale Grenzen hinweg.
Belagerungen, die im ersten Teilprojekt zur Untersuchung stehen, beruhen auf langem und demonstrativem Ausharren – wer belagert, hat scheinbar alle Zeit der Welt. Während die eine Seite blockiert und abwartet, müssen die Belagerten Wege finden, mit ihrer Abgeschlossenheit umzugehen, und gleichzeitig Abwehrmaßnahmen gegen die erwartbaren Attacken oder eigene Ausbruchsaktionen vorbereiten.
Die Eroberung von Städten bildet den Fokus des zweiten Teilprojekts und zeichnet sich durch eine gänzlich andere Temporalität aus. Hier sind nicht die Zeiträume des langen Ausharrens kennzeichnend, sondern die Ballungszeiten, spezifische Phasen verdichteter und eruptiver Gewalt, etwa nach dem Durchbruch der Befestigungen und dem Einfluten der Belagernden in das Innere.
Für den Überfall ist das temporale Moment der Überraschung charakteristisch: Das plötzliche Auftauchen, das präzise Zuschlagen und der schnelle Rückzug stellen die lokale Zeitordnung der Überfallenen auf den Kopf. Die Dynamiken dieser exakt koordinierten Gewaltausübung sind Gegenstand des dritten Teilprojekts.
Feldzüge und der historische Wandel ihrer zeitlichen Strukturen sind das Thema des vierten Teilprojekts. Wann wurde überhaupt Krieg geführt, wann eher nicht – und welche Gründe lassen sich hierfür finden? Welche Rolle spielten der Wechsel der Jahreszeiten, wie funktionierten Ent- und Beschleunigung einer Kampagne, wie gelang die zeitliche Synchronisation militärischer Abläufe?
Antijüdische Pogrome sind aus temporaler Perspektive von Interesse, weil sowohl ihre Anlässe als auch ihr Ablauf in hohem Maße als ritualisiert wahrgenommen wurden. Dies verlieh dem Pogrom eine gewisse Erwartbarkeit. Die charakteristische Phase der Antizipation und ihre Auswirkungen auf die folgenden Gewalthandlungen spielen im fünften Teilprojekt eine zentrale Rolle.