August Burke
Doktorand
Alte Geschichte
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- Projekttitel: „Vorstellungen von politischer Führung im klassischen Athen“
Arbeitsbereich Alte Geschichte
Betreuer: Prof. Dr. Werner Rieß
Promotionsprojekt: „Vorstellungen von politischer Führung im klassischen Athen“
Abstract:
Politische Führung zum Untersuchungsgegenstand für den klassischen Zeitraum der athenischen Geschichte (ca. 508-322) zu machen, in dem Demokratie entwickelt, ausgestaltet und trotz doppelter oligarchischer Staatsstreiche bewahrt werden konnte, mag manchem Betrachter unserer Tage fragwürdig, gar paradox erscheinen, verspricht doch Demokratisierung heute dem mündigen Bürger über Partizipation den tendenziellen Abbau von Fremdbestimmung durch politische Herrschaft. Demokratiewissenschaftliche Leadership-Forschung entwickelt also selbstbewusst herrschaftskritische Perspektiven (L. Helms).
Moderne historische Forschung weist dagegen auf, dass gerade für die Zeit, in der sich die Demokratie in Athen als Herrschafts- und Regierungsform prozesshaft herausbildete - weit gefasst von Solon (594/3) bis Ephialtes (462/1) - , ein offensichtlich Demokratie einforderndes Manifest aus athenischer Quelle fehlt. Dies entspricht auch allgemein der Seltenheit von metaphorischen Bildern, die Ideale der Demokratie schon in ihrer Entwicklungszeit protegieren (Brock).
Hieraus ergibt sich als zentrale Frage, ob es überhaupt bei demokratischer Herrschaft eine spezifische Form politischer Führungskultur im innenpolitischen Bereich für die attische Polis gegeben hat, die systemische Muster zeigt und sich speziell von konkurrierenden Formen aristokratischen und oligarchischen Anspruchs abhebt. Sogar die Tyrannis und die Monarchie waren jedoch auch in demokratischer Zeit - nicht nur aufgrund der Vergegenwärtigung in dramatischer Dichtung - ebenso im politischen Bewusstsein noch präsent.
Meine Untersuchung soll nun unter Einbeziehung moderner politik- und gesellschaftswissenschaftlicher Annahmen zu Political Leadership anhand des Quellenmaterials zum klassischen Athen herausarbeiten, welche Vorstellungen von politischer Führung sich insbesondere bei den Demagogen zeigen, denen zur Zeit des Peloponnesischen Krieges eine leitende Rolle zukam. Der Übergang von der Zeit des Perikles zu Kleon und seinen Nachfolgern wird von maßgeblichen Autoren der Antike negativ als Paradigmenwechsel im Hinblick auf die Leitung der Polis bewertet und bleibt auch aus demokratietheoretischer Perspektive trotz beachtlicher historischer Forschung dazu weiterhin als Kontroverse interessant.
Neben den „Kriegskomödien“ des Aristophanes möchte ich ausgewählte Tragödien als dramatischen Resonanzraum für das Handeln politischer Führer miteinbeziehen. Charisma wird ein Kern der Untersuchung sein, sicherlich nicht ohne Bezug auf M. Weber, aktuell aber eher als Ausprägung symbolisch vermittelter Macht im Sinne P. Bourdieus verstanden. Rhetoren des 4. Jh. sollen akzentuierend, aber nicht exponiert berücksichtigt werden. Die Arbeit hat einen kulturwissenschaftlichen Anspruch und scheut auch nicht Verbindungen zu benachbarten Disziplinen.