Nachruf auf Rainer Wohlfeil
10. Mai 2024, von Michael Anclam
Der Fachbereich trauert um seinen ehemaligen Professor Rainer Wohlfeil
Im hohen Alter von fast 97 Jahren ist Rainer Wohlfeil verstorben. Wohlfeil war von 1970 bis 1990 Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Hamburg. Ursprünglich aus Königsberg stammend, studierte Wohlfeil in Göttingen und Mainz Geschichte. In Mainz wurde er zunächst mit einer Arbeit über den Deutschen Bund promoviert, ehe er sich ebendort mit einer Schrift über „Spanien und die Deutsche Erhebung 1808-1814“ habilitierte. Nach Jahren am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg erhielt er 1970 einen Ruf nach Hamburg, wo er seine Karriere ab dem Wintersemester 1970/71 fortsetzte. Bis zu seiner Emeritierung 1990 blieb er eine tragende Säule der Hamburger Geschichtswissenschaft. Neben seinen militärgeschichtlichen Interessen und Arbeiten, die sich u.a. in einer intensiven Herausgeberschaft (Militärgeschichtliche Studien, Militärgeschichtliche Mitteilungen) niederschlugen, war Wohlfeil Zeit seines Lebens intensiv mit der Geschichte Spaniens befasst. Internationale Anerkennung erfuhr er dann vor allem als führender Experte der Bauernkriegs- und Reformationsgeschichte. Bahnbrechend waren auf diesem Gebiet unter anderem seine Arbeiten zur Rolle von Bildmedien für Reformation und Bauernkrieg. Der bis heute diskutierte Begriff der „reformatorischen Öffentlichkeit“ geht auf Rainer Wohlfeil zurück. Im Sinne einer „Historischen Bildkunde“ entfaltete Rainer Wohlfeil seine Methodik zusammen mit seiner Frau Trudl Wohlfeil auch grundsätzlich. Mit einem starken Interesse an den sozialgeschichtlichen Grundlagen und Voraussetzungen der Epoche ausgestattet, war Wohlfeil in den 1970er und 1980er Jahren zudem auf der Basis einer liberalen, demokratischen Grundüberzeugung intensiv in den vorwärtsweisenden Austausch bundesrepublikanischer Historiker mit den Kollegen der DDR involviert.
Auch die Institutionen und das Institutsleben der Hamburger Geschichtswissenschaft prägte Rainer Wohlfeil während seiner Amtszeit entscheidend mit. Mit der ihm eigenen Unabhängigkeit und Liberalität, zugleich seiner akzeptierten korporativen Eingebundenheit spielte Rainer Wohlfeil eine wichtige Rolle in der positions- und generationsübergreifenden Kohäsion des Fachbereichs und Seminars. Am 14. April ist Rainer Wohlfeil in seiner Hamburger Wohnung verstorben. Der Fachbereich trauert über seinen Tod.
Markus Friedrich