EXKURSION - Prag NOCH PLÄTZE FREI!
30. Juni 2024, von Gabriele Goethe
Foto: UHH/Appelt
Wann: Wintersemester 2024/25
Wer: Prof. Dr. Monica Rüthers und Markus Hengelhaupt (M.A.) vom Arbeitsbereich Europäische Geschichte
Thema: Deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg in vergleichender europäischer Perspektive
Die Fahrt soll dazu dienen, die Teilnehmenden für die Beziehungsgeschichte zwischen Deutschland und seinen Nachbarstaaten im 20. Jahrhundert zu sensibilisieren, deren Nachwirkungen zentrale Funktionen in der heutigen Diskurslandschaft Europas erfüllen. Insbesondere der Blick auf die Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakei durch Nazi-Deutschland eröffnet wichtige Perspektiven auf unsere Gegenwart. Denn dass die deutsch-tschechischen Beziehungen heute von Kooperation und Freundschaft geprägt sind ist das Resultat von Prozessen der Überwindung tiefer Traumata. Das Gebiet, auf dem 1918 die Tschechoslowakei entstand, hatte über Jahrhunderte zum Habsburger-Imperium gehört. Die Bevölkerung des neuen Staates war dabei alles andere als einheitlich, in den Randgebieten lebte eine bedeutende deutschsprachige Minderheit. In Prag lebte zudem eine der traditionsreichsten jüdischen Gemeinden des Kontinents, deren Kultur diesen – man denke nur an die berühmte Figur des Golems oder die Literatur Franz Kafkas – tief geprägt hat. Dazu kamen weitere Minderheiten in den östlichen Teilen. Dieser Staat, der als einer der wenigen in der Zwischenkriegszeit demokratisch verfasst blieb, wurde von Nazi-Deutschland 1938/39 zerschlagen.
Die Themen, die diese Gewalt berührt, stehen exemplarisch für die Epoche der Extreme: die imperiale Grenzverschiebung und die damit einhergehende Abwertung schwächerer Staaten durch stärkere; die genozidale Politik gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen; die Nationalitäten-Frage in den Nachfolge-Staaten der multiethnischen Imperien Wiens, St. Petersburgs, Instanbuls und Berlins ab 1917; aber natürlich auch die Diplomatie und Sicherheitspolitik (nicht umsonst ist der Ausdruck Appeasement heute in aller Munde).
Anhand von Besatzungsakten und Fotoalben sollen Unterschiede in den Perspektive auf den Besatzungsalltag herausgearbeitet werden, sowohl jene zwischen Besatzer*innen und Besetzten als auch solche zwischen den unterschiedlichen Regionen und Besatzungstypen (Militärverwaltung, Zivilverwaltung, Annexion oder Protektorats-Verwaltung). Das Untersuchen der Darstellung von Krieg soll so auch generell den Blick auf Medialität in der geschichtswissenschaftlichen Analyse, insbesondere im Gewalt-Kontext, schärfen. Dabei soll danach gefragt werden, welche Unterschiede auszumachen sind zwischen bewusst öffentlichen – fotographischen wie anderen – Präsentationen des Kriegs-/Besatzungsalltags auf der einen Seite und Fotoalben, deren Zweck die Formung einer bestimmen Art der Erinnerung, die immer schon eine bestimmte Deutung in sich trägt, lediglich für einen kleinen Kreis auf der anderen. Anhand der Befunde soll darüber nachgedacht werden, wie Bilder als Waffen/Werkzeuge im Krieg verwendet wurden und werden.
Gegen Ende des Sommersemesters ist eine mehrstündige Vorbereitungssitzung geplant, auf der das finale Programm präsentiert und – nach vorheriger Absprache – durch die Studierenden in zentrale Themen eingeführt wird, die anschließend gemeinsam erörtert werden. Zudem wollen wir die Gelegenheit nutzen, Methoden der (Bild-)Analyse vorzustellen, die im Quellenstudium zum Einsatz kommen können.
Das Programm der Fahrt selbst umfasst drei Teile. Zunächst werden durch Führungen die entsprechenden Archive und weiteren Institutionen vorgestellt. Anschließend findet in diesen ein durch uns begleitetes mehrtägiges Selbststudium an den Quellen statt, in denen nach individuellen Interessen Material gesichtet wird, das als Grundlage für das Verfassen der Seminararbeit dienen soll. In einem dritten Schritt ist dann geplant, dass alle ihre zentralen Befunde präsentieren und wir diese gemeinsam besprechen. Geplant ist zudem eine Zusammenkunft mit Studierenden der Universität Prag sowie mit Wissenschaftler*innen derselben mit entsprechender Expertise.
Die Reisekosten werden übernommen.
Für Studierende der Osteuropastudien (BA und MA) ist die Exkursion als Lehrveranstaltung anrechenbar:
MA: OESt.-M1 (4 LP); OESt.-M2 (4 + 6 LP); OESt.-M3 (4 + 6 LP)
BA: OESt.-3 (4 LP + 6 LP); OESt.-4 (4 LP + 6 LP)
Bitte teilen Sie uns in Ihrer Bewerbung die Motivation der Teilnahme und eine kurze Vita sowie einen Überblick über bisherige Studienleistungen mit.
Bewerbungen richten Sie bitte bis zum 30. Juni an markus.hengelhaupt"AT"uni-hamburg.de