Das wunderbare Leben der Margot Heuman
25. April 2022, von Nils Steffen
Foto: N. Steffen
Ein neues Theaterstück über die erste und vermutlich auch die letzte lesbische Holocaustüberlebende, die offen über ihre Geschichte sprach, wird seine filmische Deutschlandpremiere in Hamburg feiern. Margot Heuman, die 1928 in Hellenthal zur Welt kam, überlebte Theresienstadt, Auschwitz, Neuengamme und Bergen Belsen. In Hamburg war sie in drei Lagern interniert: am Dessauer Ufer im Freihafen, in Neugraben im Süden und am Tiefstack im Osten Hamburgs.
Das Dokumentartheaterstück bietet einen markanten Blick auf das Erwachsenwerden als queere jüdische Frau in den Konzentrationslagern. Es reflektiert Liebe, Entscheidungsmöglichkeiten, sexuelle Gewalt und sexuellen Tauschhandel, Homophobie und Überleben. Berührend, humorvoll, pragmatisch und originell – Margot Heuman erinnert uns immer wieder an die Menschlichkeit der Holocaustopfer, aber auch an Geschichten, die aus Homophobie unsichtbar und verdrängt blieben. Heuman wird wahrscheinlich die einzige lesbische Stimme aus dem Holocaust bleiben. „Ich bin wunderbar,” sagte sie dem Team und den ersten Zuschauer:innen.
Die Inszenierung entstand auf der Grundlage von Interviews mit der Zeitzeugin, die die Historikerin Anna Hájková (Universität Warwick) führte. Unter der Regie von Erika Hughes (Universität Portsmouth) kombiniert das Dokumentartheater Heumans Zeugnis mit Archivbildern und Projektionen. Die Schauspielerin Ayse Evans, die Margot Heuman spielt, bemerkt: „Dies ist jene queere Geschichte, die ich als Heranwachsende nicht hatte, aber ich bin so froh, dass meine Tochter sie haben wird.“ Das Theaterstück bietet einen seltenen und wichtigen Einblick in ein queeres Leben während des Holocaust, eines der verschwiegensten und marginalisiertesten Themen dieses Genozids.
Gezeigt wird die Aufnahme der englischen Aufführung mit deutschen Untertiteln. Im Anschluss an die Präsentation findet eine Diskussion auf Deutsch mit Anna Hájková und Erika Hughes statt. Eine Kooperation des Arbeitsfeldes Public History mit der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg.
Dienstag, 7. Juni 2022, 18.00 Uhr
Jola im Kulturhaus Süderelbe, Am Johannisland 2, 21147 Hamburg
Eintritt frei; Spende erwünscht
Karten: info@kulturhaus-suederelbe.de oder Tel. 040 / 7 967 222
Mittwoch, 8. Juni 2022, 18.00 Uhr
Abaton Kino, Allendeplatz 3, 20146 Hamburg
Eintritt frei
Karten: www.abaton.de oder Tel. 040 / 41 320 320
Dr. Anna Hájková ist Associate Professor an der University of Warwick. Ihr Buch, The Last Ghetto: An Everyday History of Theresienstadt, erschien 2020 bei Oxford University Press. Sie arbeitet derzeit an zwei Projekten: an einer Geschichte einer Kommunistengeneration in Mitteleuropa zwischen 1930 und 1970. Darüber hinaus ist sie eine Pionierin der queeren Holocaustgeschichte. Sie publiziert in deutschen, israelischen, tschechischen und US-amerikanischen Medien.
Dr. Erika Hughes ist Reader in Performance an der University of Portsmouth. Sie ist Autorin des in Kürze erscheinenden Buches Holocaust Memory and Youth Performance (Bloomsbury, 2023). Sie hat Theaterstücke in den USA, Großbritannien, Pakistan, Israel und Deutschland inszeniert.